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Perfektionismus – eine Betrachtung von Markus Cerenak

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Perfektionismus macht dich klein, unzufrieden, lässt dich nicht in die Gänge kommen, hält dich zurück, macht dir Angst vor dem Ergebnis, lässt dich  Vergleiche anstellen, gibt dir insgesamt das Gefühl, nicht gut genug zu sein. Somit ist Perfektionismus ein großartiges Mittel, um dich im System zu halten und zu denken:

• Ich bin nicht gut genug, um XY zu tun
• Ich kann noch nicht genug, um XY zu tun
• Ich weiß noch nicht genug, um XY zu tun
• Ich brauche noch A, B, und C, um XY zu tun

Warum wir sogar noch stolz darauf sind

Besonders spannend finde ich es, wenn sich Perfektionisten auch noch eine Armada an Argumenten zurechtgelegt haben, um zu untermauern, dass das schon richtig so ist und wie gut das ist, dass sie so sind.

• Ich gebe mich eben nicht mit dem Durchschnitt zufrieden.
• Ich bin ein Mensch, der eben immer nach dem Besten strebt.
• Gut ist nicht gut genug.

Es gibt noch mehr derlei Aussagen, die nur zu einem führen: Nämlich dass du nicht ins Tun, ins Handeln, ins Umsetzen kommst, dass du nie startest, nie fertig bist, dich nie zufrieden zurücklehnen kannst. Um mir einen Buchtitel von Paul Watzlawick auszuleichen: Perfektionismus ist definitiv eine Anleitung zum Unglücklichsein.

 

10 Anzeichen für Perfektionismus

1) Jedes Ergebnis, das anders ist als deine Erwartung, ist schlecht

Du hast dir etwas in den Kopf gesetzt, ein Ziel definiert und das ganz im Detail für dich ausgearbeitet. Wenn es nun (entweder auf dem Weg oder beim Resultat) eine klitzekleine Veränderung gibt, schlägt dein Perfektionismus an und drängt dich „zurück auf Kurs“. Auch wenn das neue Ergebnis sogar besser ist, es geht darum, es „so zu tun, wie ausgemacht war“.

2) Etwas perfektionieren ist dein oberstes Ziel, koste es, was es wolle

Deine Vorstellung von etwas steht einfach über den Dingen. Sogar wenn andere dadurch zu Schaden kommen oder es sich negativ auf dich auswirkt, bist du bereit, etwas einmal Begonnenes nicht zu modifizieren. „Das ziehen wir jetzt durch, auch wenn es weh tut!“

3) Du bist zu aufmerksam, überinterpretierend, wertend, überkritisch

Besonders bei anderen fällt dir jede kleine Unsicherheit auf. Um deinen perfektionistische Ansicht kundzutun, zeigst du auf die Unzulänglichkeiten der anderen, misst Maß, nimmst dir heraus, nach deinen Qualitätsstandards zu bewerten: „Das geht aber sicher noch besser!“

4) Du musst überall der Beste sein, auch wenn es dich nicht interessiert

Egal ob beim Sport, im Job, im Privatleben etc. Du musst einfach überall zeigen, dass du das „Vorzeigemodell“ bist. Du musst gewinnen, der Erste sein, dich mit deiner Meinung durchsetzen. Selbst dann, wenn dir die Dinge nicht am Herzen liegen, drängt dein Perfektionismus zu „Das kann ich so nicht stehen lassen. Nummer zwei sein geht gar nicht.“

5) Niemand außer dir kann es so gut

Du gibst keine Verantwortung ab, machst alles selbst und bist unruhig, wenn jemand dich vertritt? Ein gutes Zeichen für Perfektionismus gepaart mit wenig Vertrauen gegenüber den Fähigkeiten anderer. Ein wenig Überheblichkeit schwingt auch noch mit: „Nur wenn ich das mache, wird das wirklich ordentlich erledigt.“

6) Pläne ändern bedeutet für dich scheitern

Man hat sich auf etwas geeignet und plötzlich verändern sich Aspekte und das, was erstrebenswert war, ist plötzlich irrelevant oder sogar kontraproduktiv. Die Zeichen stehen so anders, dass der Plan aufgegeben wird und für dich (obwohl logisch) sehr niederschmetternd wirkt: „Aber das haben wir doch so besprochen!!”

7) Du lebst in einer binären Welt von Null und Eins, von Schwarz und Weiß, alles oder nichts

Dazu gibt es nicht viel zu erklären. Es gibt für dich nur richtig oder falsch. Punkt. Keine Schattierungen. Und klar ist, dass das „Richtig“ bei DIR zu Hause ist. „Sorry, aber diesbezüglich lasse ich mit mir nicht diskutieren. Da habe ich meine feste Meinung.“

8) Niemand darf dich so kritisieren wie du selbst. Sogar wegen Kleinigkeiten haderst du mit dir

Dein innerer Dialog ist die Hölle. Wenn jemand anderes so mit dir umspringen würde, ließest du das nicht zu. Du selbst darfst dich aber bashen, kritisieren, runtermachen und zurechtweisen, was das Zeug hält: „Ich bin wirklich für alles zu doof.“

9) Wenn dich jemand kritisiert, wirst du schnell emotional

Aber wehe, das Feedback kommt von außen. Wenn jemand dich auf Unzulänglichkeiten hinweist, ist dein Perfektionismus in seinen Grundfesten erschüttert. Deine Reaktion ist stets eine emotionale. Rationalität und Professionalität haben Pause. (Die etwaigen dazu passenden Zitate sind der Zensur anheimgefallen)

10) Du vermeidest alle Situationen, wo du unperfekt oder amateurhaft wirken könntest, auch wenn niemand von dir erwartet, gut zu sein

Etwas Neues lernen oder starten fällt dir schwer, weil du weißt, dass du es noch nicht kannst. Du erwartest ernsthaft von dir, die schwierigsten Fähigkeiten oder Prozesse sofort, also in Echtzeit zu beherrschen. Da das meistens nicht funktioniert, vermeidest du Situationen, in denen du als Anfänger gelten kannst: „Nein, das ist glaube ich nicht so mein Ding. Das brauche ich gar nicht erst auszuprobieren. Das weiß ich schon vorher.“

 

Gegenmaßnahmen – quick and dirty

1. Fokussiere dich auf das Gesamte, erkenne unerhebliche Details und streiche diese Schritt für Schritt aus deiner Beurteilung.
2. Akzeptiere, dass andere es anders machen und lasse sie tun.

3. Was ist das Motiv hinter dem Perfektionismus? Was möchtest du damit erreichen? Akzeptanz? Status? Bestätigung?

4. Verstehe, dass es um das Ankommen geht, nicht um die Ziellinie.

5. Beginne Spaß an deinen Unsicherheiten und Fehlern zu haben, sei gut zu dir.

6. Vergleiche dich nicht mit anderen. Der Tod jeder Weiterentwicklung ist der Vergleich.

7. Erkenne, was getan werden kann, und was nur Zeit kostet.

8. Beobachte den Prozess und beurteile nicht das Ergebnis.

9. Erkenne deine Erfolge und dokumentiere sie. Tu das nicht mit Misserfolgen.

10. Erkenne den Unterschied zwischen „fertig und unperfekt“ und „perfekt, aber nie fertig“.

 

Von MARKUS CERENAK

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