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Zielvereinbarungen: Ein Spiel mit den Feuer


© Stauke – Fotolia.com

06/2014 von Marcus Raitner

Die regelmäßigen Leser wissen, dass ich kein großer Freund von Motivation mittels monetärer Anreize bin.

Ich halte Menschen für prinzipiell leistungsbereit und motiviert, falls sie ihren Beitrag und das Gesamtvorhaben für sinnvoll halten.

Zur Klärung der Frage, wie die individuelle Motivation des Mitarbeiters sinnvoll in den größeren Kontext des Projekts oder des Unternehmens passt und was daraus abgeleitet die Aufgaben des Mitarbeiters sein sollten, sind Zielvereinbarungen tatsächlich ein gutes Führungsinstrument. Wie jedes Werkzeug können und werden Zielvereinbarungen aber oft missbraucht durch daran gekoppelte Anreizsysteme, um dem Mitarbeiter Sinn von außen aufzuzwingen. Ein Spiel mit dem Feuer.

Orientierung zu bieten ist eine wesentliche Aufgabe von Führung. Mitarbeitern Ziele und Sinn eines Vorhabens im Dialog zu vermitteln ist dafür sicher ein guter Ansatz. Leider scheitern viele bereits vorher, weil ein tieferer Sinn als Gewinn zu erwirtschaften nicht existiert. Gewinn und direkt damit korrelierte Messgrößen wie die Auslastung von Mitarbeitern können aber niemals der Zweck eines Unternehmens sein, sondern immer nur ein Indikator eines richtigen Unternehmenszwecks. Entsprechend können diese Größen per se niemals Ziele eines Mitarbeiters sein, sondern höchstens Maßstab für die Zielerreichung.

Sozusagen als Sinnprothese werden dann aufwändige Unternehmensvisionen erarbeitet. Diese leeren Worte verhallen aber ungehört, weil ihnen die Substanz fehlt. Gerade bei großen Dienstleistungsunternehmen ist es tatsächlich eine Herausforderung, diesen tieferen Sinn und Zweck des Unternehmens jenseits von Auslastung, Umsatz und Gewinn zu finden. Zu beliebig und opportunistisch gewählt sind die Projekte, als dass ihnen eine gemeinsame Richtung innewohnen könnte. Hier beginnt echte Führung. Und hier beginnt die Kunst der Zielvereinbarung.

Die eigene Klarheit als Führungskraft hinsichtlich der Ziele und des Zwecks sind also eine notwendige Bedingung für Zielvereinbarungen mit Mitarbeitern. Der Begriff Vereinbarung ist dabei bewusst gewählt: Auf der einen Seite das Unternehmen, Vorhaben oder Projekt mit seinem Sinn und Zweck auf der anderen Seite der Mitarbeiter mit seiner intrinsischen Motivation und seinen Zielen. Die Aufgabe der Führungskraft ist es, bestmöglich zwischen diesen Polen zu vermitteln. Zu oft aber degenerieren solche Zielvereinbarungen zu bloßen Zielvorgaben. Aus dem prinzipiell fruchtbaren Dialog über Ziele werden dann einfach Anweisungen. Aus Selbst- und Mitbestimmung wird Fremdbestimmung. Da Autonomie aber ein zentraler Motivator für Menschen ist, leidet die Motivation massiv. Um das wieder zu kompensieren, werden monetäre Anreize geboten. Diese Art der Motivation funktioniert aber nur bei ganz einfachen manuellen Tätigkeiten und bewirkt im Falle von Wissensarbeit nachweislich das Gegenteil.

The answer to the question managers so often ask of behavioral scientists “How do you motivate people?  is, You don’t.

Douglas McGregor

Richtig eingesetzt finde ich Zielvereinbarungen also prinzipiell ein gutes Werkzeug. Dabei geht es mir in erster Linie aber um die dialogische Annäherung zwischen dem Individuum, seinen Zielen und seiner intrinsischen Motivation und den Zielen und dem Zweck des Gesamtvorhabens. Das ist deutlich schwieriger und aufwändiger als einfach Zielvorgaben zu machen, aber auch deutlich wertschätzender und motivierender. Derart vereinbarte Ziele können dann meinetwegen auch mit monetären Anreizen versehen werden. Diese sollten aber als Bonus gestaltet werden und nicht in Form eines variablen Gehaltsanteils, der auf mich immer wie ein Misstrauenseinbehalt und damit eher demotivierend wirkt.

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